Eines bleibt auch nach dem September beim Blick auf das Jahr 2022 an den Kapitalmärkten (und darüber hinaus) gewiss – die Ungewissheit. Die Kapitalmärkte verlangen den Akteuren im schon jetzt schlechtesten Jahr (zweistellige Verluste bei Aktien und Anleihen) seit der Finanzkrise 2008 viel ab.

H&H Managed Depots

Ein September zwischen Adrenalin und Blues

Der Börsenmonat September begann dabei sogar mit einem Anstieg, ehe er über alle wesentlichen Anlageklassen hinweg den Rückwärtsgang einlegte und mit deutlichem Minuszeichen endete. Der Stimmungswechsel lässt sich recht gut mit der Tagung der US-Notenbank in Verbindung bringen. Die erneute deutliche Anhebung um 75 Basispunkte war vorab gut kommuniziert worden und ist entsprechend kein zusätzlicher Belastungsfaktor. Die verbale Begleitmusik zum Zinsausblick der FED sorgte dann aber für Irritationen. Die neuen Projektionen sehen weitere Zinserhöhungen in 2022 vor, die dann erst in 2023 ihren Höhepunkt erreichen. Möglichen Zinssenkungen im Kontext einer zu erwartenden Rezession wurde eine Absage erteilt. Die US-Notenbank scheint nunmehr gewillt, versäumtes mit höherem Tempo nachholen zu wollen. Spätestens ab dem Niveau, an dem die bisherigen Jahreshochs bei den amerikanischen 10-Jahres-Renditen (ca. 3,5%) aus dem Juni überschritten wurden, kam Dynamik auf. Die Renditen schossen rasch bis über 4% (erstmals seit der Finanzkrise) hoch, was gegenläufig deutliche Kursrückgänge bei Anleihen, Aktien und Gold beinhaltete. In Summe machte der September also seinem schlechten Ruf alle Ehre. Gerade zum Quartalsende wollte keine gute Stimmung mehr aufkommen, da sich zu den „bekannten“ Belastungsfaktoren neues Ungemach aufmachte, die Nerven der Anleger und Anlegerinnen zu strapazieren. Ein Wahlergebnis in Italien, dass die Konstruktionsfehler des Euros wieder in den Vordergrund rücken könnte, ein schwerer Hurrikan im Süden der USA, die mutmaßliche Sabotage an den Erdgas-Pipelines in der Ostsee, die Teilmobilmachung in Russland, Irritationen um die Bonität der Credit Suisse und ein verstörender 180-Grad Wechsel des finanzpolitischen Ausrichtens in Großbritannien.

 

Portfoliomanager Andreas Fritz

Portfoliomanager und Autor Andreas Fritz

Und doch bleibt etwas gewiss, gerade in solchen Zeiten. Es bleibt gerade jetzt elementar, nicht in Panik zu verfallen und sich auf Qualität zu fokussieren. Qualität bedeutet, so weit wie möglich finanziell unabhängig zu sein und notwendige Maßnahmen konsequent und unabhängig entscheiden zu können. Reine Illusionen werden hingegen Probleme bekommen und auch verschwinden, was jedoch nichts neues und langfristig auch nur gesund ist. Dem Merkmal der Bilanzstärke gilt unsere derzeitige Aufmerksamkeit. Daneben gilt es, sich nicht von den täglichen schrillen Nachrichten anstecken zu lassen und einen Fahrplan zu haben. Unseren Fahrplan unterziehen wir täglich einer internen Überprüfung. Unsere jahrzehntelange Erfahrung hilft uns dabei enorm. So sind wir uns derzeit sicher, dass der Zeitpunkt zum Volleinstieg noch nicht gekommen ist, da Parameter eines finalen Ausverkaufs noch nicht in Gänze erreicht wurden. Gleichzeitig erscheint uns der Moment für ein komplettes Aussteigen derzeit nicht ratsam, da Bärenmärkte auch deutliche Gegenbewegungen beinhalten können. Die Phase des Platzens der dot.com-Blase um die Jahrtausendwende dient diesbezüglich als anschauliche Blaupause. Die Stimmung ist derzeit extrem negativ, die Aktienquoten bei den großen Fonds niedrig und die Absicherungen hoch. Es bedarf dann manchmal nur etwas weniger schlechter Nachrichten und es kommt zu starken Gegenbewegungen, die just von denen befeuert werden, die zuvor zu Tiefstkursen ausgestiegen sind und dann den Kursen hinterherrennen.

Übergeordnet bedarf es einer Beruhigung an den Anleihemärkten. Der Zinsanstieg belastet sicherlich auch Aktien, da sich Finanzierungen verteuern. Elementarer ist jedoch, dass Anleihen deutlich breiter in den Depots vertreten sind, gerade bei den großen Adressen wie Pensionskassen, Versicherungen und Stiftungen. Extrem kurzfristige Renditeanstiege torpedieren dann schnell langfristige Auszahlungsversprechen, was zu Stressmomenten führen kann.

In diesem Kontext ist ein Aspekt nicht unwichtig. Natürlich erscheint derzeit vieles nicht planbar. Das ist gerade für uns Deutsche ein neues Gefühl. Deutschland war wahrscheinlich das Land, dass mehr als andere von der mehr als dreißigjährigen Friedensdividende profitierte. Nunmehr tun sich neue Gewissheiten auf. Wir tragen denen mit unserer diversifizierten Ausrichtung schon seit längerer Zeit Rechnung und bemühen uns mehr denn je um einen konstruktiven Blick über den globalen Tellerrand.

Wichtig wird die Berichtssaison, die im Oktober starten wird. Die Analysten haben sich bislang nicht von der allgemeinen Stimmungseintrübung anstecken lassen. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Erwartung immer noch recht optimistisch ist. Die Verbraucherpreise steigen, die Erzeugerpreise indes noch stärker. Das zeigt jedoch, dass nicht alle Kosten weitergereicht werden können und die Margen zwangsläufig leiden werden. Wir hatten wiederholt darauf hingewiesen und glauben, dass das entsprechende Kursbewegungen nach sich ziehen wird. Anleger neigen gerne zu Übertreibungen, sowohl in der Hausse als auch in der Baisse. Sollten Aktien unserer bevorzugten Qualitätsunternehmen über Gebühr verkauft werden, werden wir diese aufsammeln. Solch antizyklisches Verhalten hat sich in der Vergangenheit immer bewährt und gerade solche Unternehmen haben über viele Jahrzehnte gezeigt, dass sie durch eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit besser durch Krisen kommen und sich sinnvoller für die Zeit danach aufstellen. Eines bleibt ebenfalls gewiss. Die derzeitige kriegerische Auseinandersetzung in Europa, verbunden mit Energieversorgungsunsicherheit und Inflationsschüben ist nicht die erste, aber auch nicht die letzte Krise.

Wir stellen Ihnen nun konkret einige Unternehmen vor, von denen wir überzeugt sind, dass sie besser als andere durch die Krise(n) kommen werden. In unseren Investmentfonds erfüllt der wesentliche Kern an Unternehmensbeteiligungen weiterhin unsere strengen Auswahlkriterien. Daher haben wir bei aller Turbulenz im September nur Feinjustierungen vorgenommen, da wie beschrieben es für deutliche Erhöhungen der Investitionsquoten zu früh und für radikale Reduzierungen zu spät ist. Im Bereich der Sektoren sind wir weiterhin eher defensiv denn zyklisch ausgerichtet. Das half uns im September, die Marktverluste abzufedern, da Kernpositionen wie z.B. Eli Lilly, Johnson & Johnson oder Roche aus dem Gesundheitssektor im Kurs sogar zulegen konnten. In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen den Medical BioHealth vorstellen, den wir in unserem Mischfonds Strategie H&H (akt. Aktienquote 58%) allokiert haben. Das Gesundheitswesen sehen wir als einen der Megatrends der nächsten Jahre. Prävention, Fettleibigkeit und Diabetes, Alzheimer, Krebs, individuelle Medikamente sind dabei nur einige Schlagbegriffe. Dabei kommt es immer stärker zu einer Verschränkung zwischen namhaften Pharmakonzernen und kleineren Biotech-Unternehmen. Diesbezüglich entsteht auf Forschungsebene viel Dynamik und auf dem Börsenparkett zusätzliche Kursprämien infolge möglicher Übernahmen. Das macht die Investmentstrategie des Fonds so interessant, da er sich auf innovative Small- und Midcap-Unternehmen fokussiert. Damit vermeiden wir mögliche Klumpenrisiken zu unseren Direktinvestitionen der großen Pharma-Unternehmen und runden das ganze Spektrum elegant ab. Der Fonds liegt YTD im Plus und doch oder gerade ist dieser Bereich keine Einbahnstraße. Umso wichtiger ein hochwertiges Fondsmanagement im Hintergrund zu wissen, die über nötige Expertise in diesem Bereich verfügt. Wir tauschen uns diesbezüglich regelmäßig mit dem Fondsmanagement aus.

Im Aktienfonds Hansen & Heinrich Universal  (akt. Aktienquote 89%) haben wir im Berichtsmonat die Aktienquote in die Kursschwäche hinein erhöht. Wir hatten diesbezüglich nach dem Verfallstag für Optionen Liquidität zurückgehalten. Aufgestockt haben wir unsere Positionen in BioNTech, Equinor, Oracle, Pfizer, Sony, Total, Volkswagen und Walmart. Reduziert haben wir unsere Aktienbestände an Air Liquide, Eli Lilly und Münchener Rück. Wie vorab beschrieben halten sich viele Pharmaaktien in diesem Jahr deutlich besser als der Markt. Aber Aktien sind nicht gleich Aktien. Der Pharmariese Pfizer hat bislang nämlich kein gutes Jahr hinter sich. Nunmehr nähert sie sich aber einem interessanten Kursniveau. Pfizer hatte mit dem Corona-Virus eine enorme Sonderkonjunktur (Comirnaty und Paxlovid brachten Erlöse von über 30 Mrd. USD in 2022) im Tagesgeschäft. Diese nutzen sie konsequent für Übernahmen (drei große Milliarden-Deals in 2022). Diese scheinen jedoch nötig, da Pfizer in vielen Bereichen wachstumsschwach erscheint. Daher hatten wir sie bislang auch nicht im Depot. Die bilanzielle Feuerkraft erscheint jedoch attraktiv, so dass wir nunmehr auf ermäßigtem Niveau einsteigen. Pfizer zahlte in den vergangenen 40 Jahren stets Dividende, die dabei oft erhöht wurde. Das ist das, was momentan Stabilität verspricht. Pfizer ist somit neuer Bestandteil im Portfolio.

In unserem H&H Stiftungsfonds (akt. Aktienquote 39%) sind wir im September bei einer Reihe von attraktiven Neuemissionen zum Zuge gekommen. Die Unternehmen wollen derzeit ihre Liquiditätsstruktur verbessern und zahlen inzwischen auch entsprechende Aufschläge, was für uns natürlich von großem Interesse ist. So erwarben wir Anleihen von Emittenten wie z.B. Enel, Essity, Henkel oder Knorr-Bremse. Im Zusammenhang mit der erhöhten Volatilität weiteten sich insbesondere bei Nachranganleihen die Spreads aus. Dies nutzten wir für Käufe in Papieren von Emittenten wie Münchener Rück oder Postbank. Im Bereich der Aktien allokierten wir Wertpapiere von Kimberly-Clark, Microsoft, Mowi, Procter & Gamble oder Vinci. Die Aktienquote blieb dabei stabil, die Liquidität kam aus Mittelzuflüssen und zuvor fällig gewordenen Optionsverpflichtungen. Deutlich besser als der Markt hielten sich zuletzt die Beteiligungspapiere der Siemens AG. Siemens ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Kauf von Aktien keine statische Beteiligung darstellt. Unternehmen verändern sich, gehen mit der Zeit und gestalten. Wir sehen den Konzern, gerade nach der Aufspaltung, als eine attraktive Möglichkeit, langfristige Erträge zu generieren. Sicherlich ist der Weg, das Konglomerat Siemens noch fokussierter zu gestalten, nicht abgeschlossen, aber der Weg stimmt. Urbanisierung und Digitalisierung sind die großen Themen. Das ändert auch nicht das derzeitige Krisenumfeld. Siemens hat sich dafür positioniert und gewinnt kontinuierlich Marktanteile hinzu. Das verspricht langfristig steigende Cashflows, die bei uns und unseren Stiftungsanlegern mit attraktiven Dividendenzahlungen einhergehen und eine wertvolle Ertragsquelle darstellen.