Wechselspiel zwischen Anleihe- und Aktienkursen

In der aktuellen Marktlandschaft steht die enge Verbindung zwischen der Aktienkursentwicklung und den Anleiherenditen im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Die Frage, ob die Zinsen ihren Höchststand erreicht haben (und demnächst wieder sinken werden) oder ob das Motto „Higher for longer“ weiterhin Gültigkeit hat, bewegt die Investorengemeinschaft.

Sprunghafte Renditeänderungen bei Staatsanleihen

Dennoch beeinflusst nicht nur die absolute Höhe der Zinsen die Märkte, sondern auch die rasche Geschwindigkeit der Veränderungen. Diese Volatilität setzt Algorithmen unter Druck, da sie unmittelbar auf tägliche „Breaking News“ reagieren. So verzeichnen z.B. 10-jährige US-Staatsanleihen im Oktober sprunghafte Veränderungen zwischen 4,5% und 5% pro Jahr, was im Bereich bonitätsstarker Staatsanleihen bemerkenswert ist. Kursbewegungen wurden durch unerwartet starke US-Arbeitsmarktdaten, versöhnliche Äußerungen von Mitgliedern der amerikanischen Federal Reserve, die eine mögliche Beendigung der Zinserhöhungen andeuteten, sowie enttäuschende Auktionen neuer US-Staatsanleihen ausgelöst.

Gleichzeitig hat die Eskalation des Nahost-Konflikts die Volatilität erhöht. Unsichere Zeiten führen zu einer Flucht in sichere Anlagehäfen wie US-Staatsanleihen, während die Angst vor steigenden Ölpreisen aufgrund einer möglichen Ausweitung des Konflikts (z.B. zwischen dem Iran und den USA) die Sorgen um eine Neubewertung des Ölpreises und folglich der Inflation und damit der Zinsen verstärkt.

Anleger suchen in diesem turbulenten Umfeld derzeit schlicht nach Orientierung und dieser wechselhafte Prozess wird anhand der jüngsten Renditeentwicklung veranschaulicht.

Warum betonen wir insbesondere die 10-jährigen US-Staatsanleihen? Sie sind schlichtweg der wichtigste und liquideste Teil des globalen Kapitalmarkts, sowohl hinsichtlich des Volumens (über 26 Billionen USD) als auch als Orientierungspunkt für Großinvestoren wie Staaten, Versicherungen, Pensionsfonds und Baufinanzierer bei der Festlegung von Finanzierungskonditionen.

Traditionell steuern Notenbanken mit ihrer Zinspolitik die Renditen bei kurzlaufenden Anleihen (bis zu drei Jahre). Die Renditen bei langlaufenden Anleihen (sieben Jahre und länger) werden hingegen durch das Angebot und die Nachfrage am Markt bestimmt.

In den 2010er Jahren wurde dieser Mechanismus erheblich gestört. Dies geschah durch umfangreiche Ankäufe von langlaufenden Anleihen, die auf eine politisch motivierte Niedrigzinspolitik zurückzuführen waren. Spätestens 2012 hatte diese ihren Ursprung („Whatever it takes“) und führte letztendlich sogar zu negativen Renditen. Vielfache Verzerrungen waren die Folge und verbargen viele Risiken.

Heutzutage müssen Anleger sich wieder an steigende Zinsen gewöhnen, was in einer Zeit geschieht, in der die Welt bereits im Wandel ist. Geopolitisch („Deglobalisierung“), technologisch („KI – Fluch oder Segen?“) und vor dem Hintergrund steigender Staatsschulden, die eher struktureller als zyklischer Natur sind. In Summe führt dies zu Unsicherheiten. Die Tatsache, dass viele Staaten das „günstige“ Geld der vergangenen Dekade nicht für Reformen genutzt haben, bedeutet, dass Anleger keine niedrigen Zinsen mehr für weitere Schulden akzeptieren. Dies mag schmerzhaft sein, ist jedoch langfristig gesund, da Geld unserer Meinung nach einen Preis haben sollte.

Trotz aller Herausforderungen haben die jüngsten Wirtschaftsdaten aus den USA mit ihrer Stärke überzeugt. Der US-Arbeitsmarkt bewältigt scheinbar mühelos Hindernisse wie Zinsen, Inflation oder geopolitische Unruhen, was auf den weit verbreiteten Fachkräftemangel zurückzuführen ist. Unternehmen halten trotz rückläufiger Geschäftstätigkeit oft an Beschäftigungsverhältnissen fest, aus Sorge, qualifizierte Arbeitskräfte dauerhaft zu verlieren. Das resultiert in steigenden Löhnen, wie sie kürzlich in der US-Autoindustrie vereinbart wurden, die in den Konsum fließen können.

Die laufende Berichtssaison hat gezeigt, dass Unternehmen die Erwartungen der Analysten größtenteils erfüllen, wenn auch mit geringeren positiven Überraschungen als in den letzten fünf Jahren. Dennoch sind Unternehmen in ihren Ausblicken vorsichtiger geworden, insbesondere in Bezug auf die Margenentwicklung im nächsten Jahr. Wir glauben nach wie vor, dass es fahrlässig wäre zu denken, dass ein Anstieg der Zinsen um 500 Basispunkte in nur einem Jahr ohne nachhaltige Folgen für Verbraucher und Produzenten wäre.

Die jüngsten Verbraucher- und Erzeugerpreise zeigen keinen eindeutigen Trend, die Disinflation setzt sich fort, jedoch nicht linear. Sie liegen immer noch weit von der angestrebten 2%-Marke der Notenbanken entfernt, die aus Gründen der Glaubwürdigkeit beibehalten werden sollte. „Higher for longer“ scheint daher das Gebot der Stunde zu sein, was eher auf Konsolidierung als auf eine ausgeprägte Jahresendrallye bei Aktien hinweist.

Ungeachtet dieser kurzfristigen Betrachtungen ist es entscheidend, die langfristigen Trends nicht aus den Augen zu verlieren. Viele sehnen sich nach der Ruhe an den Kapitalmärkten, die sie aus den 2010er Jahren kennen. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass diese Phase nicht als Blaupause für die Zukunft gelten darf, da sie von massiven (schuldenfinanzierten) Konjunkturprogrammen seitens der Regierungen und unkonventionellen Notenbanken geprägt war.

Geopolitik rückt wieder stärker in den Fokus

Unsere Zuversicht beruht daher mehr denn je auf unsere langjährige Fokussierung auf die Qualität unserer Unternehmensbeteiligungen. Daher können wir die aktuellen Entwicklungen gelassener akzeptieren als andere, die auf kurzfristige Spekulationen setzen. Wir suchen nach Unternehmen, die nicht nur mit höheren Zinsen umgehen können, sondern auch mit einer instabilen geopolitischen Situation und auch bei weniger politischem Stimulus bestehen. Selbst in turbulenten Zeiten existieren solche Unternehmen und bleiben unser primäres Ziel für langfristige Investments.

Im Portfolio des Hansen & Heinrich Universal (aktuelle Aktienquote 90%) haben wir in einer Phase rückläufiger Aktienkurse unsere Investitionsquote erhöht. Hierbei war die vorherige gezielte Zurückhaltung von verzinster Liquidität von entscheidender Bedeutung, da unsere hohen Investitionskriterien zuvor nicht erfüllt waren. Dieses konsequente Einhalten unserer eigenen Anlagegrundsätze ermöglichte uns nun die Umsetzung attraktiver Gelegenheiten, sei es durch den Kauf von Aktien oder das Eingehen von Stillhaltergeschäften.

Wir haben unsere Positionen in verschiedene Aktien erhöht, darunter Alphabet, Amazon, Berkshire Hathaway, Caterpillar, Nestle, Nike, Occidental, Pepsi, Union Pacific oder Visa. Gleichzeitig haben wir einige Aktienbestände reduziert oder verkauft, darunter Arista Networks, Danaher, Equinor, Pfizer oder Verizon. Die laufende Berichtssaison wird voraussichtlich Anfang November ihren Höhepunkt erreichen. Danach wird die bevorstehende Sitzung der Fed im Fokus stehen, wobei wir eine erneute Zinspause erwarten. Besonders interessant und potenziell volatil könnte es Mitte November werden, wenn die politischen Diskussionen um den verschobenen „Shutdown“ wieder aufgenommen werden. Aus diesem Grund halten wir das Zeitfenster für unsere Stillhalterverpflichtungen kurz.

Die Rolle der „glorreichen Sieben“

In diesem Jahr wird viel von den „glorreichen Sieben“ gesprochen, zu denen letztlich die Aktien von Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla gehören. Ihre hohen Gewichtungen in den Indizes verleihen diesen eine scheinbare Versöhnlichkeit in der Wertentwicklung, die über die allgemeine Markteinschätzung (der restlichen Aktien) hinausgeht. Bis auf Meta und Tesla sind wir in diese Titel investiert. Microsoft hat kürzlich beeindruckende Ergebnisse präsentiert, insbesondere im Bereich der Cloud, wo Azure neben AWS von Amazon weiterhin als Maßstab gilt. Allein dieser Geschäftsbereich steuerte im letzten Quartal über 24 Milliarden USD Umsatz bei, bei einem Gesamtumsatz von über 56 Milliarden USD. Der Nettogewinn stieg um 27% auf über 22 Milliarden USD. Weiterhin gibt die Beteiligung an Open AI (Chat GPT) Anlass zur Fantasie, während die Übernahme von Activision Blizzard endgültig grünes Licht erhalten hat. Microsoft bleibt ein Basisinvestment in unserem Portfolio.

Im H&H Stiftungsfonds (aktuelle Aktienquote 38%) haben wir unsere Aktienquote stabil gehalten, indem wir gezielte Käufe vorgenommen haben. Gleichzeitig haben wir jedoch einige Verkäufe getätigt und uns verstärkt auf die als stabil erachteten Branchenführer (z.B. Givaudan, anstatt sie durch Symrise noch zu ergänzen) konzentriert. Dies geht zwar mit einer gewissen Reduzierung der Diversifikation einher, aber wir sind davon überzeugt, dass in einem herausfordernden Umfeld Fehler weniger verziehen werden. Die jüngsten Quartalszahlen bestätigen unsere Einschätzung.

Die Portfoliostruktur bleibt weiterhin von bonitätsstarken Anleihen geprägt. Die strikte Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) ermöglicht uns, frühzeitig auf Entwicklungen zu reagieren. Das „G“ steht dabei für Governance und bewertet die Qualität der Unternehmensführung. Dies ermöglicht uns, unliebsame Überraschungen zu vermeiden, insbesondere in Bezug auf das wichtige Thema Nachhaltigkeit. Ein breit gestreutes Investment z.B. in globale Aktien im Bereich erneuerbarer Energien hätte in diesem Jahr bisher einen Wertverlust von über 30% zur Folge gehabt. Beispiele wie Orsted oder Siemens Energy sind hierfür aussagekräftig. Solche Titel haben wir trotz optischer Kursverbilligungen nicht allokiert. Wir halten daran fest, Gutes zu tun und in Nachhaltiges zu investieren, dürfen aber dabei niemals unsere Qualitätsstandards vergessen.

In Bereich der Aktien haben wir Positionen in Unternehmen wie Alphabet, American Water Works, Astrazeneca, GSK, Johnson & Johnson, Medtronic und Reckitt Benckiser aufgestockt. Dagegen haben wir Positionen in Verizon und Vodafone reduziert oder verkauft, um uns verstärkt auf die Deutsche Telekom zu konzentrieren, die schon seit längerem ein auffallend positives Momentum innerhalb der Branche aufweist. Dabei folgen wir auch hier dem oben beschriebenen Pfad der strengen Qualitätskontrolle.

Ihr Hansen & Heinrich-Portfoliomanagement

H&H Managed Depots

Mit den Hansen & Heinrich Managed Depots erhalten Sie den unkomplizierten und direkten Zugang zu einer fondsgebundenen Vermögensverwaltung. Dabei haben Sie die Wahl aus fünf unterschiedlichen Strategien – und entscheiden gemeinsam mit unseren erfahrenen Finanzmarktexperten, welche am besten zu Ihrer Lebenssituation und Ihren individuellen Zielen passt. Die Investition selbst erfolgt in Form einer Einmalanlage oder in Kombination mit Sparplänen. Hinzu kommt ein regelmäßiges Reporting.