Higher for longer

Der vergangene September hat seinen Ruf als herausfordernder Monat einmal mehr bestätigt und so überwogen die roten Vorzeichen. Sowohl amerikanische als auch asiatische Aktien, Blue-Chips und Nebenwerte, Gold, Gewerbeimmobilien und langlaufende Staatsanleihen kamen kaum ohne Schrammen durch den Monat. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildeten Investitionen in Erdöl und Erdölaktien, da der Ölpreis mit beeindruckender Dynamik (+8% im September) die Marke von 90 US-Dollar durchbrach. Dieser Preisanstieg wurde durch die Einigung zwischen Saudi-Arabien und Russland, die Förderkürzungen zu verlängern, sowie durch geringe Lagerbestände in den USA und eine robuste dortige Wirtschaft ausgelöst.

Nach einem starken Jahresauftakt, bedingt durch das Ausbleiben einer Gaskrise in Deutschland und die erwartete Dynamik in der chinesischen Wirtschaft nach der Corona-Pandemie, befanden sich die Märkte seit dem Frühjahr in einer Seitwärtsphase. Diese Phase war geprägt von Aufwärtsversuchen, die sich als Bullenfallen erwiesen, sowie von Abwärtsbewegungen, die sich wieder normalisierten. Die Marktvolatilität war niedrig, und eine gewisse Sorglosigkeit war spürbar, wie sie in Sentiment-Indikatoren und Volatilitätskennzahlen zum Ausdruck kam. Aus diesen Gründen haben wir unsere Liquiditätsquote in den letzten Wochen höher gehalten als üblich.

Intakter Desinflationstrend, Notenbanken driften auseinander

Die steigenden Ölpreise rückten die Möglichkeit in den Fokus, dass die derzeitig hohen Zinsen länger anhalten könnten als zunächst erwartet. Trotz einer grundsätzlich intakten Disinflationsentwicklung ist das von den Zentralbanken angestrebte Inflationsziel von 2% noch lange nicht erreicht. Daher entschied die Fed im September, die Zinssätze in der Spanne von 5,25% bis 5,5% beizubehalten. „Higher for longer“ ist das neue Mantra der US-Notenbank, nachdem man 2021-2022 die Inflation massiv unterschätzte. Die EZB erhöhte hingegen die Zinsen zum zehnten Mal in Folge auf nunmehr 4,5%.

Herausforderungen für den Herbst

Gleichzeitig sehen wir Arbeitskämpfe in den USA und einen steigenden Ölpreis und das im Kontext einer robusten amerikanischen Wirtschaft. Dies könnte die Inflationsziele gefährden. Historisch betrachtet ist die Inflation oft der größte Feind der Inflation selbst, da sie die Wirtschaft abschwächen oder in eine Rezession führen kann. Das ist jedoch weder in den USA noch in Europa (erwartetes Wirtschaftswachstum +0,8%), abgesehen vom Schlusslicht Deutschland (erwartet -0,3% bis -0,6%) derzeit der Fall.

Wenn wir jetzt aber weitere Preistreiber durch z.B. höhere Löhne oder Energiepreise bekommen, sind die Zinsen grundsätzlich noch zu niedrig. Dieser Gedankengang setzte sich ab Mitte September mit einer starken Dynamik durch. Zinsmärkte sind ein sehr sensibler Bereich der Kapitalmärkte, da Zinsen eine enorme Bedeutung für alle Anlageklassen und deren Bewertung haben. Die Rendite der wesentlichen zehnjährigen US-Staatsanleihe war seit Jahren bei rund 4,35% p.a. gedeckelt. Selbst während der Turbulenzen im letzten Herbst oder der Unruhe um ausgewählte US-Regionalbanken im März ging sie nicht darüber. Nunmehr wurde diese Barriere überwunden und die Rendite ging rasch aufwärts in Richtung 4,7% p.a. Es geht hierbei weniger um die absolute Höhe denn das Tempo der Veränderung. Im Zeitalter der Algorithmen und KI bzw. automatisierten Handelssysteme und Risikobudgets sorgt das für Stress. Der Zins stieg, der Ölpreis (+30% seit Juni) stieg, der Dollar stieg zum Euro um rund 4 Cent und der Yen fiel immer weiter. Das ist in Summe zu viel und erklärt ein Stück weit den September.

Gleichzeitig treffen die steigenden Zinsen auf ein Umfeld erhöhter Schulden (z.B. Haushaltsdefizit in den USA bei über 10%) und politischen Instabilität. Die jüngsten Debatten in Washington zeugen von einem unversöhnlichen Ton unter demokratisch gewählten Vertretern, was Zweifel an konstruktiven Lösungen aufkommen lässt.

Die Konsequenzen waren Verkäufe von Aktien und Anleihen im September, wobei Anleihen zum Teil stärker betroffen waren als Aktien. Wir wollen allerdings jetzt nicht in eine Herbstdepression verfallen und bleiben zuversichtlich und behalten die Qualität unserer bevorzugten Unternehmen im Blick. Es ist ihre Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Bedingungen, sei es beim Ölpreis oder bei den Zinsen, die uns an diesen Aktien begeistert.

In dem Moment, wo wir diese Zeilen schreiben oder sie diese lesen, suchen die fähigsten Manager und Mangerinnen dieser Unternehmen nach Lösungen, die sie zügig und global umsetzen können. Ganz unabhängig davon, was kurzfristig in Washington, Berlin, Brüssel oder Peking passiert. Wir halten an unserer Strategie fest, die darauf abzielt, Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen zu finden, die nachhaltige Gewinne versprechen.

Wenn solche Unternehmen wiederum zu Unrecht mit der Masse im Kurs abgestraft wurden, werden wir diese in solchen Momenten mutig nachkaufen. Genau das werden wir im Herbst tun und dafür hatten wir Liquidität bereitgestellt. Die jüngsten Sentiment-Daten bestärken uns darin, da die Stimmung sich doch schon recht stark in Richtung Angst bewegt, was antizyklisch ein gesundes Zeichen ist. Elementar für einen positiven Trendwechsel bleibt dafür eine deutliche Beruhigung am Rentenmarkt. Ab Mitte Oktober beginnt wiederum die Berichtssaison. Sie wird offenbaren, wer vor dem Hintergrund der aufgezeigten Parameter seine Margen halten kann oder nicht.

Im Hansen & Heinrich Universal (akt. Aktienquote 84%) haben wir die Investitionsquote beibehalten, innerhalb dieser jedoch einige Anpassungen, auch bedingt durch Ausübungen am Verfallstag für Stillhaltergeschäfte, vorgenommen. Reduziert bzw. verkauft haben wir Aktien von 3M, Alphabet, Cisco, Disney, Nextera Energy und Total. Ausgebaut haben wir dagegen unsere Bestände in Aktien von Apple, Arista Networks, Coca-Cola, Deere, LVMH, McDonald`s, Occidental, Pepsi und Thermo Fisher. Diese Entscheidungen wurden begleitet von höheren Erträgen durch Stillhaltergeschäfte aufgrund der gestiegenen Volatilität im September. Vorstellen möchten wir heute Arista Networks und Equinor. Arista Networks ist ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und den Vertrieb von Netzwerklösungen und -technologien spezialisiert hat. Sie bieten Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Datenverarbeitung, insbesondere in Rechenzentren und Cloud-Umgebungen, an. Mit dieser Beschreibung sind wir zügig beim Thema Künstlicher Intelligenz. Mit der KI-Weiterentwicklung werden die Ausgaben für Rechenzentren steigen. Arista Networks konnte hierbei zuletzt Cisco und Juniper Marktanteile abnehmen. Wir sehen mittelfristiges Kurspotential, nutzen derzeit aber die erhöhte Volatilität für attraktive Optionen. Im Energiesektor sind wir nach wie vor in Equinor investiert. Die Halbjahreszahlen gewährten Einblick in die Geschäftsentwicklung. Der Rückgang des Gewinns war auf den vorherigen Rücklauf der Öl- und Gaspreise zurückzuführen, was erwartet wurde. Wir bleiben nach wie vor von dem Unternehmen überzeugt. Die Bilanz ist solide, ebenso wie die Ausschüttungspolitik (in diesem Jahr sind 11 Mrd. USD in Form von Dividenden und 6 Mrd. USD für Aktienrückkäufe geplant) und Equinor ist dabei, sich zunehmend im Bereich der Offshore-Windkraft zu positionieren. Da der norwegische Staat 67% der Anteile hält, kann Equinor eine langfristige Unternehmenspolitik verfolgen.

Im H&H Stiftungsfonds (akt. Aktienquote 38%) bleiben wir unserem Ansatz treu, wachstums- und ausschüttungsorientierte Aktien mit bonitätsstarken Anleihen zu kombinieren. Im Idealfall bewirkt die negative Korrelation, dass man schwierige Marktsituationen ohne größere Turbulenzen übersteht. Die gegenläufige Entwicklung basiert auf der Vorstellung, dass während wirtschaftlicher Abschwünge die Aktienkurse sinken und die Notenbanken daraufhin die Zinssätze senken, was zu einem Anstieg der Anleihekurse führt. Sobald sich die Wirtschaft erholt (und damit auch die Aktienmärkte), werden die Zentralbanken die Zinssätze wieder anheben, womit sich die Anleihekurse ermäßigen. Anleihen haben damit die primäre Aufgabe, eine planbare Rendite zu ermöglichen. Planbar, da sie mit einer festen Laufzeit versehen sind. Demnach sind sie ein wichtiger Faktor für die Stabilität. Die zu erzielenden Kupons waren die letzten Jahre vor dem Hintergrund der aggressiven Nullzinspolitik überschaubar. Wer nennenswerte Zinsen erzielen wollte, musste deutlich erhöhte Risiken (z.B. Mittelstandsanleihen) eingehen. Das kann aber nicht Aufgabe eines Stiftungsfonds sein, der sich der Stabilität treuhänderisch verpflichtet hat und daher sichere Staatsanleihen und Unternehmensanleihen mit Investmentgrade ansteuert. Inzwischen können jedoch wieder nennenswerte Kupons auch mit guten Bonitäten generiert werden. So zeichneten wir im September erfolgreich Neuemissionen von Emittenten wie Deutsche Börse, Reckitt Benckiser oder Sartorius. Die neu allokierten Renditeprofile helfen uns ein großes Stück dabei, die avisierten Ausschüttungen der nächsten Jahre vornehmen zu können, da sie nicht wie Zins-Aktionen auf Kontoguthaben nur temporären Charakter haben. Wir behalten die derzeitige Gewichtung von 3/5 Anleihen und 2/5 Aktien bei, da wir davon ausgehen, dass wir uns nicht am Beginn eines neuen ausgeprägten Bullenmarktes befinden. Die 2020er Jahre werden anders ablaufen als die 2010er Jahre.

Daher wird neben der Asset-Allokation der Titelselektion eine größere Bedeutung zukommen. In diesem Kontext möchten wir die 1929 gegründete Svenska Cellulosa vorstellen, ein schwedisches Unternehmen, das sich nicht nur durch seine soliden Kennzahlen auszeichnet, sondern auch ein hohes Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz zeigt. Das Unternehmen ist in den Bereichen Forstwirtschaft, Papierproduktion und Hygieneartikel tätig und setzt sich für nachhaltige Forstwirtschaft und Aufforstung ein. Holz wird zukünftig an Bedeutung gewinnen, da es eine umweltfreundliche Alternative zu CO2-intensiven Baumaterialien darstellt. Wir sehen großes Potenzial in diesem Unternehmen, wovon dann auch unsere Anleger und Anlegerinnen profitieren werden.

Ihr Hansen & Heinrich Portfoliomanagement-Team

Die Hansen & Heinrich Managed Depots

Mit den Hansen & Heinrich Managed Depots erhalten Sie den unkomplizierten und direkten Zugang zu einer fondsgebundenen Vermögensverwaltung. Dabei haben Sie die Wahl aus fünf unterschiedlichen Strategien – und entscheiden gemeinsam mit unseren erfahrenen Finanzmarktexperten, welche am besten zu Ihrer Lebenssituation und Ihren individuellen Zielen passt. Die Investition selbst erfolgt in Form einer Einmalanlage oder in Kombination mit Sparplänen.